



Hilfsmittelmanagement
Klare Positionen, verbesserte Verträge und
optimierte Prozesse
Das Jahr 2023 stand im Bereich Hilfsmittel unter dem Zeichen intensiver Reformbestrebungen. Frühere Markteingriffe des Gesetzgebers, wie etwa durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) von 2019, führten zu negativen Effekten. Die Folgen waren unter anderem wettbewerbsverzerrende und preistreibende Konzentrationsprozesse, die sogar einer Intervention des Bundeskartellamts bedurften. Vor diesem Hintergrund hat der Bereich Hilfsmittel der GWQ 2023 neben bedarfsgerechten Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten und Verträgen wichtige Reformvorschläge entwickelt und in einem Positionspapier zur Weiterentwicklung des Hilfsmittelmarktes veröffentlicht. Darüber hinaus konnten 2023 zahlreiche konkrete Verbesserungen im Hilfsmittelsegment für Versicherte, Kundenkassen und Leistungserbringer:innen erzielt werden. Einige Beispiele werden im Folgenden skizziert.
Für mehr Wettbewerb im Hilfsmittelmarkt
Mit dem „GWQ-Positionspapier Hilfsmittel“ hat die GWQ gezielt ihre praxisnahe Expertise in die fachpolitische Diskussion eingebracht. Darin wurden zukunftsgerichtete Lösungsansätze und konkrete Vorschläge für den Weg zu mehr Wettbewerb in der Hilfsmittelversorgung aufgezeigt mit stärkerem Fokus auf Qualität, Wirtschaftlichkeit und Innovationen. Konkrete Anforderungen für Qualitätsausschreibungen und die Einbindung von Herstellern und Herstellerinnen in die Hilfsmittelverträge sowie ein allgemeines Kontrahierungsgebot für Leistungserbringer:innen sollen Anreize schaffen, um wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Produkte an die Versicherten abzugeben. Mit dem Einfluss der Krankenkasse auf die Produktauswahl werden das Sachleistungsprinzip gestärkt und Aufzahlungen für den Versicherten reduziert.
Weniger Aufwand durch einheitlichen
Apothekenhilfsmittelvertrag
Durch einen neuen bundesweiten Apothekenhilfsmittelvertrag mit dem Deutschen Apothekenverband (DAV) wurden die Weichen für eine schnellere Versorgung der Versicherten durch Optimierung von Prozessen und Reduktion von unnötigen Kostenvoranschlägen gestellt. Die bisher vielfältigen Einzelverträge auf Landesebene, von Gemeinschaftsunternehmen sowie verschiedene kasseneigene Verträge wurden damit abgelöst. Das Resultat: bundesweit einheitliche Preise für Hilfsmittel wie Inhalations- und Atemtherapiegeräte, Applikationshilfen für Medikamente oder Diabetikerbedarf wie Spritzen und PEN-Kanülen.
Für alle Beteiligten – Versicherte, Apotheken und Betriebskrankenkassen – bedeutet dies eine schnellere Abwicklung, weniger Bürokratie und eine qualitativ bessere Versorgung. Und auch die Umwelt gewinnt: Von 150.000 Kostenvoranschlägen pro Jahr wurden zuvor etwa die Hälfte per Fax versendet. 71 BKKen und über 14.000 Apotheken sind dem Vertrag beigetreten. Auch für die TTFields-Therapie zur Behandlung eines neu diagnostizierten Glioblastoms nach abgeschlossener Radiochemotherapie oder eines rezidivierenden Glioblastoms wurde ein gemeinsamer Vertrag (TTF-Vertrag) geschlossen. Beide Verträge werden über die im Jahr 2023 gegründete UniQK GmbH, die gemeinsame virtuelle Geschäftsstelle von GWQ und spectrumK, administriert.
Optimiertes Beitrittsmanagement
Möglich wird das schlanke, papierlose Management des neuen Apothekenhilfsmittelvertrages u. a. auch durch ein neues Online-Portal zum Beitrittsmanagement, das die Vertragspartner GWQ ServicePlus AG und spectrumK GmbH entwickelt haben.
Der Onlinebeitrittsmanager ist ein intelligentes Tool zur digitalen Administration von Hilfsmittelverträgen für alle Leistungserbringer:innen und Verbände. Kurz nach dem Start Anfang Oktober konnte der Onlinebeitrittsmanager bereits über 1.400 registrierte Nutzer:innen verzeichnen. Bis zum Jahresende 2023 sind mehrere hundert hinzugekommen.
hello Hilfsmittel weiterentwickelt
hello Hilfsmittel, der im Herbst 2020 gestartete webbasierte Wegweiser für Versicherte bei der Hilfsmittelversorgung, verzeichnete auch 2023 weiter steigende Zugriffszahlen. Ein Erfolgsfaktor: Versicherte können sich transparent und intuitiv über Hilfsmittel und Vertragspartner:innen informieren. Die Zahl der teilnehmenden Krankenkassen ist bis Ende 2023 auf 30 angestiegen.
Zur weiteren Verbesserung des Angebotes wurden 2023 Vorbereitungen getroffen, damit Leistungserbringer:innen ihre Kontaktdaten eigenständig um Informationen zu Websites, Öffnungszeiten, Notdiensten, Hausbesuchen und bundesweitem Versand aktualisieren bzw. ergänzen können. Darüber hinaus wurde an neuen Filterfunktionen gearbeitet, die Versicherten die Suche nach passenden Vertragspartner:innen erleichtern.
Außerdem wurde ein Feedback-Tool entwickelt, damit Versicherte zukünftig mitteilen können, wenn Vertragspartner:innen eine Leistung trotz angezeigter Vertragspartnerschaft nicht erbringen. Durch die neuen Funktionen und Informationen wird das Angebot zudem an neue Vorgaben des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS) angepasst. Die Erweiterungen werden 2024 verfügbar sein.
Qualitätskontrolle durch Versichertenbefragungen
Im Rahmen der patientenorientierten Qualitätssicherung führt die GWQ regelmäßig Versichertenbefragungen durch. Neben der Qualität von Beratung und Einweisung durch die Leistungserbringer:innen geht es dabei auch um die Qualität der Versorgung, Aufzahlungen und die Erfüllung von gesetzlichen und vertraglichen Regelungen. Die Erkenntnisse daraus fließen in die Verhandlungen und Verträge mit den Leistungserbringer:innen ein.
2023 wurden Befragungen u. a. zur Versorgung mit Rollatoren sowie zu Insulinpumpen ausgewertet.
Im Bereich der Rollatoren haben 16 Krankenkassen und 519 Versicherte an der Befragung teilgenommen.
Weit über 80 Prozent der befragten Teilnehmer:innen waren zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer Rollatorenversorgung. In der Gesamtbenotung vergaben sie im Durchschnitt die Note 1,78 (Schulnotenprinzip). Gleichzeitig offenbarte die Umfrage Verbesserungspotenziale. Auffällig gewordene Leistungserbringer:innen wurden im Nachgang auf die verpflichtende Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen hingewiesen.
Im Bereich der Insulinpumpen wurde die Umfrage gemeinsam mit 25 Krankenkassen durchgeführt. Insgesamt haben 1.635 Versicherte teilgenommen.
Über 90 Prozent der befragten Teilnehmer:innen waren mit der Bedienung ihrer Insulinpumpe zufrieden oder sehr zufrieden. In der Gesamtbenotung vergaben die Teilnehmer:innen im Durchschnitt die Note 1,83. Auch hier sind die Erkenntnisse in die Verhandlungen mit den Leistungserbringer:innen eingeflossen.
Weitere neue Verträge im Jahr 2023
Verbesserungen in der Hilfsmittelversorgung konnten 2023 auch durch weitere neue Verträge u. a. für Epithesen/Kunstaugen, Kommunikationshilfen und Iontophorese erzielt werden. Durch die Ausweitung des Vertragsportfolios unterstützt die GWQ die Krankenkassen bei der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung in nahezu sämtlichen Produktgruppen.
Datengestützt zu einem besseren Hilfsmittelmanagement
Der Ausbau des anonymen Datenpools der GWQ und darauf basierende Analysen werden die bedarfs- und patientenorientiertere Hilfsmittelversorgung weiter verbessern. Es ist zu erwarten, dass sich daten- und faktenbasierte Verhandlungen positiv auf die wirtschaftliche Versorgungsqualität auswirken.
Zudem sind der Ausbau der Versichertenbefragungen sowie weitere Controllinginstrumente für das Hilfsmittelmanagement in der Planung.
UniQK – Koopetition macht es möglich
Um die Gesundheitsversorgung zu verbessern, ist es manchmal sinnvoll, Kräfte zu bündeln: Kooperation dort, wo es die Versorgung stärkt, und faire Konkurrenz in Bereichen, wo wettbewerbliches Agieren förderlich ist.
Mit diesem Ziel haben die GWQ und spectrumK die UniQK GmbH als gemeinsame virtuelle Geschäftsstelle ins Leben gerufen. Über das Gemeinschaftsunternehmen werden Dienstleistungen administriert und abgerechnet, die GWQ und spectrumK gemeinschaftlich im Auftrag ihrer Gesellschafter:innen und Kund:innen erbringen. Das schafft erhebliche Synergien, insbesondere durch ein gemeinsames Teilnehmer:innen- und Beitrittsmanagement sowie eine gemeinsame und einheitliche Abrechnung. Das Unternehmen verfügt über keine zusätzlichen Mitarbeiter:innen. Die Geschäftsführung erfolgt gemeinschaftlich durch GWQ und spectrumK. Erste erfolgreiche Beispiele für dieses Konzept sind u. a. der Apothekenhilfsmittel- und der TTF-Vertrag. Weitere Projekte werden folgen.