RÜCKBLICK ENTWICKLUNG GESUNDHEITSSEKTOR
Multiple Krisenherde setzen Wirtschaft und Gesundheitssektor unter Druck
Das Jahr 2022 war weiterhin geprägt von der COVID-19-Pandemie. Der russische Einmarsch in die Ukraine im Februar sowie die Zunahme in inflationsbedingter Kostensteigerungen in vielen Bereichen stellten zusätzliche Herausforderungen dar. Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) bewältigten diese Anforderungen erfolgreich.
Ende der Pandemie in Sicht
Während es in Deutschland zu Beginn des Jahres wieder zu einem Anstieg der Zahlen von COVID-19-Patient:innen auf den Intensivstationen kam, wurde Ende des Jahres damit gerechnet, dass die Pandemie ausläuft. Im Herbst attestierte eine vom Bund geförderte Immunstudie 95 Prozent der Bevölkerung Antikörper gegen das Coronavirus, entweder durch Impfung oder durch Infektion. Kurz zuvor wurden die ersten Corona-Impfstoffe für Babys von der EU-Kommission zugelassen. Einige Bundesländer schafften zum Ende des Jahres bereits die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und die Isolationspflicht für Corona-Infizierte ab. Dennoch war das Gesundheitssystem weiterhin stark belastet.
Herausforderung durch Krieg in der Ukraine
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stellt eine Zäsur dar. Eine direkte Folge für die GKV sind gestiegene Mehrkosten für den Krankenversicherungsschutz der Flüchtlinge. Ende 2022 suchten rund 1,01 Millionen Ukrainer:innen Schutz in Deutschland. Darüber hinaus belasteten kriegsbedingte Inflationstendenzen und gestiegene Energiepreise die Einrichtungen des Gesundheitswesens. Zudem wirkten sich Material- und Lieferengpässe negativ auf die Arzneimittelversorgung aus.
Arzneimittelengpässe
Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln forcierten die Frage nach Produktionsstandorten der Pharmaindustrie in Deutschland bzw. Europa. In einem Eckpunktepapier präsentierte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Maßnahmen, um Lieferengpässe zu vermeiden, die Versorgung mit Kinderarzneimitteln zu verbessern und die EU als Arzneimittel-Produktionsstandort zu stärken. Die Effektivität dieser Maßnahmen, insbesondere höhere Preise als Anreize für eine Mehrproduktion, ist umstritten.
Bundeszuschuss stabilisiert Finanzen
Die 96 gesetzlichen Krankenkassen wiesen zuletzt einen Überschuss von rund 451 Mio. Euro für 2022 aus. Die Finanzreserven der Krankenkassen entsprachen Ende Dezember mit 10,4 Mrd. Euro bzw. rund 0,4 Monatsausgaben dem Zweifachen der vorgesehenen Mindestreserve. Der Gesundheitsfonds verbuchte einen Überschuss von rund 4,3 Mrd. Euro. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds betrug zum Stichtag 16. Januar 2023 rund 12,0 Mrd. Euro. Den GKV-Einnahmen in Höhe von 289,3 Mrd. Euro standen Ausgaben in Höhe von 288,9 Mrd. Euro gegenüber. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 4,3 Prozent, die Verwaltungskosten um 7,2 Prozent, wobei Altersrückstellungen eine große Rolle spielten.
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV konnte für 2022 durch einen ergänzenden Bundeszuschuss von 14 Mrd. Euro stabilisiert werden und lag zum Jahresende 2022 bei 1,36 Prozent. (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Reformprozesse kommen nur langsam voran
Mit dem Ausklingen der COVID-19-Pandemie rückten notwendige Reformen stärker in den Fokus. Hoher Nachholbedarf besteht weiter in puncto Digitalisierung, wenngleich sich dieser Prozess beschleunigt hat. Große Aufgaben warten im Krankenhausbereich. Hierzu wurde zum Jahresende das Reformkonzept einer Regierungskommission vorgestellt. Ob die Reformvorschläge eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung bewirken können, bleibt abzuwarten.